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Nr. 11, September 1999 |
So lautet das Motto zum diesjährigen Tag des Flüchtlings
am 01.10.2020. Er findet diesmal im 50. Jahr der Verabschiedung des Grundgesetzes
und eine Woche vor dem 10-jährigen Jubiläum der "friedlichen
Revolution" in Leipzig statt. Das Grundgesetz hat durch die erfahrene Änderung
des Asylrechts, das entscheidende Konsequenzen auf die Situation der Flücht-linge
in Deutschland in den letzten Jahren hat, die aber leider nicht positiv
sind, schon eine Bedeutung auch für diesen Tag.
Die friedliche Revolution, die am 9. Oktober 1989 in Leipzig entscheidend
ausgelöst wurde durch das mutige Auftreten vieler BürgerInnen
dieser Stadt auf der Straße, hatte auch für sehr viele dieser
mit der Erhaltung ihrer Würde als Mensch zu tun. Was bleibt
nun von der Würde des Menschen bei den Flüchtlingen, die in dieser
Stadt leben?
Der Flüchtlingsrat Leipzig e.V. hat dies versucht zum Tag des
Flüchtlings in einer Ausstellung am Symbol des Baumes darzustellen.
In einer weiteren Ausstellung wollen wir an Hand einer Weltkarte mit Markierung
der Fluchtländer die verschiedenen Fluchtursachen deutlich machen.
Wir wollen damit auch bewußt machen, daß oft das politische
insbesondere auch das finanzpolitische Handeln oder besser Nichthandeln
der westlichen Länder Ursachen sein können. Aktuell ist dabei
die zur Zeit geforderte deutsche Türkei- und Kurdenpolitik, die nicht
Macht- und Geschäftsinteressen, sondern Demokratie und Menschenrechte
an die erste Stelle setzen sollte.
Neu ist in diesem Jahr auch unser Austragungsort in der Sternwartenstraße
4 im Innenhof und den Räumen des Interkulturellen Zentrums, wo sich
auch unser Büro befindet. Und neu ist auch die Form der Info-Party.
Wir hoffen auf regen Besuch und laden hiermit alle interessierten BürgerInnen
und Flüchtlinge ganz herzlich am 1. Oktober 1999 ein. Ein großes
Dankeschön an dieser Stelle gilt der Sparkasse Leipzig für ihre
Spende, dem Kulturamt Leipzig für seine Förderung zu diesem Tag
und den vielen Mitgestaltern und Helfern bei der Vorbereitung und Durchführung
dieser Info-Party.
Neben dem Tag des Flüchtlings und den Friedensgebeten als Thema,
die der Flüchtlingsrat schon seit vielen Jahren regelmäßig
als eine seiner wichtigen Veranstaltungen in der Öffentlichkeitsarbeit
durch-führt, finden Sie in dieser Ausgabe zum Thema Kuren mehrere
Artikel, die die aktuelle Situation vieler deutlich macht.
Am Beispiel eines Kirchenasyls wird deutlich, daß die für
viele Kurden aus der Türkei aufgezeigte Fluchtalternative West-Türkei
nicht gerechtfertigt ist. Es sollte endlich der als geheime Verschlußsache
geführte Lagebe-richt 1999 des Auswärtigen Amtes öffentlich
und zur Grundlage für Entscheidungen gemacht werden. Dann besteht
auch ein Fünkchen Hoffnung für diese Menschen.
Weiterhin möchten wir an Hand von zwei Beispielen auf die Problematik
der Familienzusammenführung, insbesondere bei kurdischen Flüchtlingen,
aufmerksam machen. Am 27. September wird der Flüchtlingsrat in seinem
Friedensgebet in der Nikolaikirche mit drei Betroffenen die Probleme
kurdischer Flüchtlinge in Deutschland deutlich machen. Dies beinhaltet
zum einen die Schwierigkeiten der Familienzusammenführung, die oft
unlösbar sind oder ein Wiederaufnahmeverfahren des Asylantrags zur
Folge haben können, zum anderen die häufig abgelehnten Asylanträge
aufgrund der angeblichen Fluchtalternativen von West-Türkei
und Nord-Irak bei Kurden aus der Türkei und dem Irak.
Auch in dieser Ausgabe möchten wir Sie mit einem Flüchtlingsschicksal
vertraut machen, daß auf besondere Weise deutlich macht, wie äußere
Umstände oft zu ungerechtfertigten Entscheidungen führen können.
Ein Bericht über die Altfallregelung bei abgelehnten Asylbewerbern
macht deutlich, wie unterschiedlich die Interessen der agierenden Politiker
zu den betroffenen Flüchtlingen sein können. Hoffen wir im Interesse
der Flüchtlinge, daß es endlich zu einer vernünftigen
Entscheidung kommt.
Zum Schluß möchte ich noch auf den Bericht zum 2. Antirassistischen
Grenzcamp verweisen, das massiv von Vorurteilen und Protesten bereits im
Vorfeld begleitet war und dann doch noch eine positive Bilanz in der Presse
fand.
Was bleibt von der Würde des Menschen? Diese Frage hoffe ich,
muß für die Flüchtlinge nicht so oft mit den Schlagworten
unseres Baumes auf der kahlen Seite ausfallen, den wir zum Tag des Flüchtlings
1999 gestaltet haben, die lauten: Ausgrenzung, Abschiebung, Bewegungseinschränkung,
Diskriminierung.
Sondern sie sollte eigentlich mehr die grüne Seite enthalten,
die Begriffe aufführt, wie: Arbeit, Bildung, Lebensplanung, Achtung
der Person und Existenzsicherung.
Gerd Klenk und Petra Krüger