![]() Zur Startseite |
Nr. 13, Juli 2000 |
Je mehr die Grenzen für den Geldverkehr, die Telekommunikation,
den Warenhandel, geöffnet werden, um so höher werden sie zwischen
den Menschen er-richtet. Zumindest dann, wenn sie aus bestimmten Ländern
kommen. Begegnungen zwischen Menschen verschiedener Nationen sind jedoch
nicht zu verhindern, auch nicht, dass sie sich ineinander verlieben und
sich entschieden, ihr Leben künftig gemeinsam zu ver-bringen.
Je ärmer aber das Land, aus dem der Partner oder die Partnerin
kommt, je dunkler seine oder ihre Hautfarbe, um so höher werden die
Hürden für eine binationale Eheschließung. Dies ist nicht
einfach so, sondern dies wird gemacht!
Zuwanderung mit allen Mitteln zu unterbinden, ist der ausländerpolitische
Grundsatz der Bundesregierung. Für Menschen aus Ländern, die
nicht der Europäischen Union angehören, gibt es nur noch sehr
wenige Möglichkeiten, in Deutschland eine Aufenthaltsgenehmi-gung
zu erhalten. Eine davon ist die Eheschließung mit einer deutschen
Partnerin, einem deutschen Partner.
Der in der Verfassung garantierte Schutz von Ehe und Familie – gerade
in konservativen Kreisen ein hohes Gut- gerät in Konkurrenz zu restriktiven
Zuwanderungs-politik.
Um diesen Widerspruch zu verdecken, konstruieren die Behörden den
Begriff Scheinehen.
Der Begriff Scheinehe beschneidet das Recht auf freie Partnerwahl und
unterstellt pauschal, mit der Eheschließung ein Aufenthaltsrecht
erschleichen zu wollen.
Selbst dann noch, wenn ein gemeinsames Kind unterwegs ist oder gar
geboren wurde, machen Betroffene noch diese diskriminierende Erfahrung.
Ein Scheinkind?
So wird ein Grundrecht abgeschafft, ohne gleich die Verfassung ändern
zu müssen.
Das Ergebnis: Willkür statt Rechtssicherheit.
Für die Betroffenen ist das Vorgehen der Behörden un-würdig
und beschämend.
Und es ist keine kleine Gruppe von Menschen , denen das widerfährt: jede 6. in Deutschland geschlossene Ehe ist eine binationale, das sind 60.000. Eheschließungen im Jahr. In der Stadt Leipzig war es 1999 sogar jede 5.. Übrigens hat jedes 5. in Deutschland geborene Kind mindestens einen ausländischen Elternteil.
Ehen werden nicht im Himmel geschlossen – binatio-nale Paare erfahren
dies noch vor der Hochzeit.
Seien es die vielfältigsten Schwierigkeiten, in Deutsch-land zu
heiraten, Dokumente, Stempel, Beglaubigungen aus dem Heimatland, von der
deutschen Botschaft le-galisiert, lange Postwege, und alles nur 6 Monate
gültig,
Seien es die Hürden einer Familienzusammenführung nach der
Heirat im Ausland ; Anträge bei der deutschen Auslandsvertretung,
Überprüfungen der Identität, Rück-fragen bei der deutschen
Ausländerbehörde, und Geld, immer wieder Geld,
Oder seien es die Methoden der Behörden, das Recht des Paares,
in Deutschland zu leben, zu sabotieren, Be-fragungen, getrennt voneinander,
gibt es Wohnung und Einkommen – ist die Frau etwa älter als der Mann?,
– ihr Weg in ein gemeinsames Leben gleicht einem Hürdenlauf, für
manche, ohne das Ziel je zu erreichen.
Karin Pergold
(Text für das Friedensgebet am 22. Mai 2000)