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Nr. 17, Juli.2002
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PROJEKT:
"Deutsch für Flüchtlinge"Unser
Projekt "Deutsch für Flüchtlinge" oder auch "Deutsch für
nicht-geförderte Migrantlnnen", weil wir auch andere bedürftige,
nicht-geförderte Migrantlnnen aufnehmen, läuft nun schon erfolgreich
seit März 1997. Es wurde von unserer damaligen ABM-Mitarbeiterin Joke Oud
initiiert und bis heute auch betreut. (Siehe auch die Berichte in
"Flucht & Asyl" Nr. 7, 11 und 12.) Unser
Prinzip ist es, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Das
"Angebot" sind Studentlnnen vom Herder-Institut, die praktische
Erfahrungen sammeln wollen oder ihr Praktikum absolvieren möchten und
andere ehrenamtliche LehrerInnen, und die "Nachfrage" sind
AsylbewerberInnen und andere nicht-geförderte Migrantlnnen. Dieses
Konzept funktioniert. Ungefähr
35 Kurse von 1-3 Monaten Dauer mit ebenso vielen LehrerInnen haben wir bis
jetzt gegeben. Die Teilnehmerzahl schwankte zwischen 10 bis 25 Teilnehmer
pro Veranstaltung, aber es saßen auch mal 40 Leute im Unterrichtsraum. Ursprünglich
waren die Kurse ganz kostenlos, aber seit 2 Jahren verlangen wir einen
kleinen Beitrag, im Moment ist das 0,50 Euro pro Veranstaltung. Für die
meisten Flüchtlinge ist das gerade noch so zu verkraften. Für den Flüchtlingsrat
ist es eine Hilfe, weil wir damit Kopien und Unterrichtsmaterial bezahlen
können. Für
2003 ist eine neue Sprachförderung geplant, wobei größere Gruppen von
Migrantlnnen förderungsberechtigt sein werden. Leipzig darf dieses Jahr
schon ein Modellprojekt durchführen, in dessen Rahmen auch alle Inhaber
einer Aufenthaltsbefugnis Deutschunterricht gefördert bekommen. Aber nach
wie vor fallen alle Asylbewerber und geduldeten Flüchtlinge heraus, so
dass auch künftig eine Nachfrage nach unserem Projekt bestehen wird. Der
Unterricht ist überwiegend Anfängerunterricht, für
Fortgeschrittenenunterricht fehlen uns die Kapazitäten. Wir wollen den Flüchtlingen
eine Basis geben, auf der sie hoffentlich selbst aufbauen können. Es
gab aber eine Gruppe von Flüchtlingen, der wir nicht helfen konnten, und
zwar die Analphabeten. 1997 haben wir einen Versuch mit
Alphabetisierungsunterricht unternommen, aber wegen verschiedener
Schwierigkeiten haben wir dies aufgeben müssen (siehe den Beitrag in
Flucht & Asyl" Nr. 11). Im
vergangenen Jahr hatten wir dann das Glück, im Rahmen der Pilotaktion
LKSZ (Lokales Kapital für Soziale Zwecke – ein Projekt des Europäischen
Sozialfonds) über die Diakonie Sachsen Fördermittel zu bekommen. Das
hat es uns ermöglicht, neben dem Deutschunterricht auch einen regelmäßigen
Alphabetisierungskurs für Flüchtlingsfrauen anzubieten. Dies wurde ein
Erfolg. Da der Flüchtlingsrat schon durch seine Arbeit für und mit Flüchtlingen
und durch den normalen Deutschunterricht vielfältige Kontakte zu Flüchtlingen
hat, funktionierte der "Buschfunk" (die einzige
Informationsverbreitungsmöglichkeit bei ausländischen AnalphabetInnen)
sehr schnell, und bald hatten wir eine Gruppe von 10-15 Frauen, die den
Kurs mehr oder weniger regelmäßig besuchten. Ende
2001 lief die Förderung aus, aber jetzt, wo der Anfang gemacht ist, wird
der Kurs von unserer Koordinatorin des Deutschprojektes in bescheidenerem
Umfang ehrenamtlich fortgesetzt. Der Unterricht findet nicht im
Interkulturellen Zentrum statt, sondern im Interkulturellen Kontaktbüro
in Volkmarsdorf, einem Stadtteil, in dem verhältnismäßig viele Ausländer
wohnen.
Erfreulicherweise konnte die BWS, eine der drei Bildungseinrichtungen in
Leipzig, die am neuen Deutschförderungs-Modellprojekt teilnehmen, für
die Alphabetisierung gewonnen werden, und sie hat mehrere Frauen aus
unserem Kurs, die schon eine Befugnis hatten, übernommen. Die BWS ist im
selben Haus wie der Flüchtlingsrat angesiedelt. Das hat den großen
Vorteil, dass die Betroffenen sich erst an den Flüchtlingsrat wenden können
und dann von uns - eventuell über den ehrenamtlichen
Alphabetisierungskurs für Frauen als Zwischenstufe - an die BWS
weiterleitet werden können. Bekanntlich ist die Hemmschwelle bei
AnalphabetInnen, ebenso wie bei anderen Lernungewohnten, sich direkt an
ein reguläres Bildungsinstitut zu wenden, sehr groß. Natürlich
gibt es noch eine Gruppe – wir wissen nicht, wie groß sie ist – von
analphabetischen ausländischen Männern, die noch nicht anerkannt sind.
Wir suchen nach Wegen, auch ihnen zu helfen. Wir wollen sie aber nicht in
den Frauenkurs aufnehmen, weil wir den (begründeten) Verdacht haben, dass
viele Frauen, die überwiegend aus dem muslimischen Bereich kommen, dann
nicht mehr erscheinen werden. Unsere Koordinatorin wäre im Moment mit
zwei Kursen überfordert, aber vielleicht findet sich jemand mit Erfahrung
im Erstlese- und Schreibunterricht, der oder die helfen könnte. Joke Oud |